WA-Interview mit dem Vorsitzenden der CDU Herringen/ Sandbochum

16.11.2017

Mitte Oktober wurde Peter Scholz, zum Vorsitzenden der CDU Herringen gewählt. WA-Redakteur Stefan Gehre sprach mit ihm über seine Vorstellungen.

Sie waren erst wenige Stunden im Amt, als Ihnen der Gegenwind mächtig ins Gesicht wehte. In Zusammenhang mit der Bebauung der Waldenburger Straße warf ihnen die SPD „Unkenntnis“ vor. Wie gehen Sie als politischer Neuling damit um?

Peter Scholz: Zunächst einmal finde ich die Art und Weise, wie diese Diskussion über die Presse geführt wurde, ohne einmal ein persönliches Gespräch mit mir zu führen, etwas befremdlich. Grundsätzlich ist es meine Auffassung, dass wir vor Ort unter den etablierten Parteien anständig miteinander umgehen müssen. Das ist die Basis für lokale Politik im Interesse der Bürger. Mir vorzuwerfen, ich sei nicht informiert, ist so eine Sache. Entweder hat derjenige von dem was ich tue keine Ahnung oder es ist beabsichtigt falsch gewesen. Herringen ist meine Heimat, ich bin hier aufgewachsen, lebe und arbeite hier. Seit 14 Jahren bin ich ehrenamtlich für die HIG e.V. tätig, 6 Jahre davon als Vorsitzender. Über die geplanten Wohngebiete bin ich gut informiert, weiß auch durch Gespräche mit unterschiedlichen Mitarbeitern beim Stadtplanungsamt über die Entwicklung Bescheid.

Welche meinen Sie, außer der Waldenburger Straße, konkret?

Scholz: Das Wohngebiet Diesterwegstraße ist ebenso bekannt wie das Wohngebiet Holzstraße / August-Bebel-Straße, hier gibt es rechtskräftige Bebauungspläne. Zudem es ist auch bekannt, dass es ein laufendes Bebauungsplanverfahren für die Fläche altes Glückaufstadion gibt, dieser Bereich hat für die Entwicklung in Nordherringen eine große Bedeutung, die räumliche Nähe zum Lippepark und zum Stadtteilzentrum Lippecarree macht die Fläche für potentielle Mieter oder Käufer sehr interessant. Die Frage, die ich mir stelle, ist, warum diese Baugebiete nicht schon längst bebaut sind. Wir in Herringen müssen uns fragen, warum es schwierig ist, Investoren zu finden, die Neubaugebiete erschließen. In anderen Stadtbezirken ist das deutlich weniger schleppend. Wo sind denn aktuell die modernen Neubaugebiete mit energieeffizienten Gebäuden in Herringen?
Bei allen Baugebieten oder in der Gesamtbetrachtung der Wohnbauflächenentwicklung sollten wir ein Angebot für alle Menschen in Herringen schaffen, öffentlich geförderter und privat finanzierter Wohnungsbau, für Mieter und Käufer von Eigentumswohnungen und Häusern.

Ein wichtiges Themenfeld ist die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Welche Schwerpunkte sehen Sie noch?

Scholz: Wir werden für unsere zukünftige Arbeit eine Agenda entwickeln, wo die Interessen der Bürger stark einfließen. Zum Beispiel müssen wir jungen Facharbeitern, die in Herringen eine Eigentumswohnung erwerben wollen, dies auch möglich machen. Wir können da nicht sagen „Das haben wir hier nicht, es geht hier nicht“. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Bildung sein. Uns schweben Bildungspatenschaften von Schulen in den westlichen Stadtbezirken mit Unternehmen vor. Schüler können die Firmen dadurch schon früh kennenlernen, bekommen eine motivierende Perspektive, Unternehmen können dem Mangel an ausreichend qualifizierten Fachkräften gegensteuern. Erste Gespräche mit Fachleuten bei der IHK Dortmund waren durch aus positiv, in Dortmund konnten in Projekten bereits gute Erfolge erzielt werden. 

Ein weiteres Thema wird die Sicherheit und Ordnung sein. Nehmen wir den Lippepark. Hier gibt es Beschwerden über Autos, Lärm und Müll. Da hilft keine neue Nutzungsverordnung. Weit über 90 % der Besucher wissen wie man sich dort verhalten sollte und halten sich auch daran, andere wissen das auch, sie halten sich nur nicht daran. Wir können die Probleme nur in den Griff bekommen, wenn Ordnungswidrigkeiten auch geahndet werden.

Bei der Integration gibt es gute Ansätze durch Kirchen, Vereine und Sozialverbände. Bei der breiten Bevölkerung muss aber noch mehr getan werden. Die Integration, oder besser das Zusammenleben der Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, ist eine der größten Herausforderungen, auch und gerade in Herringen.

Wie würden Sie für Herringen werben?

Scholz: Es ist ein Phänomen, dass oft nur über das Negative gesprochen wird. Das Positive fällt oft hinten runter. Wir haben zum Beispiel mit dem Lippe-Carrée ein Stadtteilzentrum, um das uns andere Stadtteile beneiden. Mit dem Lippepark und den Halden, oder auch dem Sundern haben wir  hervorragende Naherholungsgebiete, das ist ein richtiges Pfund mit dem wir für Herringen „werben“ können. Auch die Verkehrsanbindung mit der Nähe zur Autobahn ist optimal für Pendler. Herringen kann in Zukunft für viel mehr Menschen ein Zuhause werden, ein Ort wo es sich gut leben lässt. Das „werben“ für Herringen wird eine wichtige Aufgabe für uns werden, es kann aber auch ein Projekt sein, bei dem sich alle politischen Akteure in Herringen an einen Tisch setzen und daran arbeiten, wie wir die Außendarstellung unseres Stadtbezirkes verbessern können.

Nun zu Ihrer Partei: Die hat in Herringen traditionsgemäß ein schweren Stand, lag bei den Wahlen meist meilenweit hinter der SPD. Bei der Bundestagswahl in September erreichte sie in fünf Wahllokalen weniger als 20 Prozent. Sehen Sie trotzdem die Chance, dass die CDU eines Tages den Bezirksvorsteher stellt?

Scholz: Ob die CDU den Bezirksvorsteher stellen kann, wird sich zeigen. Aber wir müssen erst einmal das Ziel haben, dass wir die Ergebnisse, die wir bei den letzten Wahlen hatten, signifikant steigern. Das können wir nur dann, wenn wir an unserer Arbeit etwas verändern. Wir müssen auf die Bürger zugehen und ihre Interessen aufnehmen. Lokalpolitik ist, dass wir das, was die Menschen bedrückt, nach oben melden und das, was von oben kommt, den Menschen vermitteln. Das abfragen der Bürgerinteressen kommt zwischen den Wahlterminen oft zu kurz. Demokratie muss laufend gelebt werden – nicht nur alle vier Jahre. Daher werden wir zum Beispiel im nächsten Jahr regelmäßige CDU-Stammtische anbieten. Wir möchten da vor allem die Interessen der Bürger aufnehmen und Referenten zu aktuellen Themen einladen, weniger eine Vortragsveranstaltung, mehr eine Gesprächsrunde, bei der sich alle Interessierten einbringen können.

Ein Problem aller etablierten Parteien ist das Abschneiden der AfD, die bei der Bundestagswahl in Herringen 14,5 Prozent der Stimmen holte. Wie kann man dem Einhalt gebieten?

Scholz: Ich denke, dass fünf bis sechs Prozent der Wähler insgesamt keinen Bezug zu etablierten Parteien haben. Die anderen dürften die AfD aus Protest gewählt haben. Diese Protestwähler können wir natürlich zurückgewinn. Die Frage ist nur, wie wir das können. Und da sind alle etablierten Parteien in einem Boot. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist die Sorgen der Bürger wirklich ernst zu nehmen und dies bei der politischen Arbeit auch zu berücksichtigen. Die erwähnten CDU-Stammtische sind ein Mittel, Zukunftskonferenzen, wie diese schon in anderen Stadtbezirken erfolgreich durchgeführt wurden, können ein weiteres Mittel sein.

WA Artikel vom 16.11.2017, Stefan Gehre, www.wa.de